Kurzbericht zum Hearing „Entgrenzte Erwerbsarbeit und interessierte Selbstgefährdung in der digitalen Wirtschaft"
Expert*innen-Anhörung der Sachverständigenkommission für den Dritten Gleichstellungsbericht
Trotz unwetterbedingten Ausfällen konnten am 10.02. Dr. Kai-Uwe Müller (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung), Dr. Tanja Carstensen (Ludwig-Maximilians-Universität München) und Dr. Yvonne Lott (WSI, Hans-Böckler-Stiftung) als Expert*innen mit den Sachverständigen und Gästen des Hearings „Entgrenzte Erwerbsarbeit und interessierte Selbstgefährdung in der digitalen Wirtschaft“ diskutieren. Der Expert*innenaustausch fand in den Räumen des Weizenbaum-Instituts statt.
Nach der Begrüßung durch die Vorsitzende der Kommission, Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok und einer Einführung in das Thema durch Prof. Dr. Stephan Höyng stellte Dr. Kai-Uwe Müller zunächst Ergebnisse zur Auswirkungen der Ort-Zeit-Flexibilisierung von Erwerbsarbeit auf informelle Sorgearbeit im Zuge der Digitalisierung vor. Die quantitative Untersuchung wurde im Auftrag der Kommission zusammen mit Dr. Yvonne Lott und Dr. Claire Samtleben erstellt. Erforscht wurde der Zusammenhang zwischen der Möglichkeit Erwerbsarbeit auch von zu Hause aus zu erledigen und der Aufteilung von unbezahlter Sorgearbeit innerhalb heterosexueller Paarhaushalte.
In einem zweiten Input präsentierte Dr. Tanja Carstensen Ergebnisse aus ihrem Projekt zum Thema „Veränderungen und Verschiebungen von Geschlechterverhältnissen durch die Digitalisierung der Arbeitswelt mit Schwerpunkt auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Auf Basis der Interviewdaten, die sie in diesem Rahmen erhoben hat, konnte sie Aussagen über den Einfluss von Homeoffice auf die alltägliche Gestaltung und Vereinbarung von Beruf und Familie bei Männern und Frauen treffen und den vorherigen Vortrag somit durch qualitative Forschungsergebnisse ergänzen. Dabei wies sie unter anderem darauf hin, dass sich der Vereinbarungsstress tendenziell verringere, die Arbeitslast insgesamt sich bei Frauen jedoch oft erhöhe.
Auch Dr. Yvonne Lott ging darauf ein, wie die Ausgestaltung von Homeoffice-Diensten sich bei Frauen und Männern unterscheidet. Sie betrachtete dabei insbesondere auch die Tendenz zur (Selbst)Gefährdung. Für beides sind laut Lott Faktoren wie die Betriebskultur und die Strategie, die hinter der Einführung von flexiblen Arbeitsmöglichkeit stehen von Bedeutung. Implizite Idealvorstellungen wie Arbeitnehmer*innen, Führungspersonen oder Eltern sein sollen, stellen häufig unterschiedliche Anforderungen an Frauen und Männer, was dazu beiträgt, dass der Umgang mit den gegebenen Möglichkeiten auf verschiedenen Ebenen unterschiedlich ausgelegt wird.
In einer abschließenden Diskussion wurden Chancen und Regelungsbedarfe aufgezeigt und erste Ideen für Handlungsempfehlungen herausgearbeitet.
Über aktuelle Veranstaltungen und weitere Hearings berichtet die Geschäftsstelle für den Dritten Gleichstellungsbericht auch auf twitter unter @gleichgerecht.